Schon um 1783 gab es an der heutigen Waltersdorfer Chaussee an
der Ecke der Schönefelder Chaussee eine Mühle. Die
„Adlermühle“. Alte Überlieferungen sagen aus, dass die aus der
jeweiligen Richtung durchreisenden Kutschen an der Schönefelder
Mühle ihre Pferde auswechseln konnten. Da es zu jener Zeit, wie
heute üblich bei einem Halt an einer Raststätte kein öffentliches
WC gab, erleichterte sich so manch einer im Umfeld der Mühle. So
wurde die gute Mühle auch manchmal als „Pinkelmühle“ benannt.
Vielleicht hat man damals aber auch in der Bewertung etwas
übertrieben. Die Adlermühle existierte immerhin von (1783-
1962).Der Verkehrsweg von Rudow, vorbei östlich von Schönefeld,
in Richtung Waltersdorf verlief vorbei am Schönefelder Bauernsee.
Zu damaliger Zeit war es wohl mehr oder weniger ein unbefestigter
Weg, der an Schönefeld vorbei führte.
Im Raum Schönefeld muss es aber wiederholt zu folgenschweren
Zwischenfällen gekommen sein. Im Bereich des heutigen
Bauernsees blieben bei schlechtem Wetter die Kutschen im
Schlamm stecken. So wandte man sich am 19.März 1827 an die
Gemeinde Schönefeld die Wegstrecke zu verlegen oder aber das
Übel abzuschaffen. Gezeichnet vom Landrat Albrecht seinerzeit im
Amt zu Teltow. Das Schreiben ging an das königliche Domkapitel,
Herrn Hartwich, Straßenbauer zu Berlin. Schönefeld war zu jener
Zeit im Besitz des königlichen Domkapitels. Anbei auch eine Skizze
zur Umsetzung dieses Mangels. Eine Reise zu jener Zeit brachte
auch so manches Abenteuer mit sich.
Schon seit der Besiedlung der Mark Brandenburg wurden
Verkehrswege angelegt um von Ortschaft zu Ortschaft zu gelangen.
Schönefeld, gegründet um 1242 lag südlich der Stadt Berlin. Weiter
im Süden lag die Stadt Königs Wusterhausen die eine Verbindung
zur Stadt Berlin benötigte. Schon in früher Zeit wurden
Argrarprodukte aus den Dörfern in die Städte transportiert und dort
verkauft. Das an Schönefeld eine Verbindung von Berlin nach Königs
Wusterhausen östlich des Dorfes angelegt wurde, war auch dem
Zufall zu verdanken, dass vom königlichen Schloss in Berlin ein
Verbindungsweg nach Königs Wusterhausen von Bedeutung wurde.
Schließlich hatte der Alte Fritz neben seinem Schloss in Potsdam
„Sanssouci“ ein Jagdschloss in Königs Wusterhausen errichten
lassen. Hierher kamen auch des Öfteren adlige Gäste aus der
Umgebung und aus dem Berliner Stadtschloss zusammen. Der Weg
führte eben über Rudow vorbei an Schönefeld und Waltersdorf nach
Königs Wusterhausen. Es war ein weiter Weg um diese Strecke zu
bewältigen.
Schließlich war man auf Pferdekutschen angewiesen.
Die Adler Mühle Schönefeld (1783-1962)
Foto um etwa 1930 aus dem Familienbesitz der Müllerfamilie Gleichen.
Straßenmängel 1827
Kopie aus dem Landesarchiv Potsdam-Bornim
Im Laufe der Jahre wurden aus den unbefestigten Straßen
befestigte Straßen.
So auch die Straße von Rudow kommend in Richtung
Waltersdorf.
Solche Straßenausbauten kosteten natürlich Geld. So
wurden in den Ortschaften Chausseehäuser errichtet, um
„Wegegeld“ zu kassieren. Heute ist dies unter dem Begriff
„Mautgebühren“ wieder aktuell. In Preußen gab es bereits
ab 1796 solche Chausseehäuser. Auch in Schönefeld gab
es ein solches Chausseehaus, welches im Jahre 2003
dem Autobahnbau der BAB 113 zum
Opfer viel. Wann genau das Schönefelder Chausseehaus
errichtet wurde, ist mir nicht bekannt. Das Schönefelder
Chausseehaus stand an der Waltersdorfer Chaussee,
Ecke Einmündung der alten Schönefelder Chaussee in
Richtung Altglienicke. Die Chausseehäuser standen dicht
an der Fahrbahn, um möglichst guten Einblick in die
Chaussee zu gewähren. Der sogenante „Chausseewärter“,
so seine Berufsbezeichnung, wohnte ebenfalls mit seiner Familie
in diesem Gebäude. Er hatte die Aufsicht über die Straße und
kassierte die Benutzungsgebühr. An einigen Chausseehäusern
gab es an der Straße regelrechte Schlagbäume. Diese wurde
erst nach Bezahlung der Gebühr geöffnet. Ob es einen
Schlagbaum auch in Schönefeld gab, ist nicht bekannt.
Je nach Straßenausbau gab es diese Chausseehäuser in
unterschiedlichen Entfernungen. Je nach dem Ausbauzustand
der Straße betrug diese Entfernung zwischen 3,5km bis zu
7,5km. Dort war dann erneut eine Gebühr fällig. Die zu zahlenden
Benutzungsgebühren waren je nach Ausbaustufe der Straße
gestaffelt. Mit diesen Einnahmen wurden die Straßen befestigt
bzw. gewartet.
Schönefelder Chausseehaus (Zollhaus)
vor dem Abriss 2003
Blick Richtung Norden Kreuzung
Waltersdorfer/Schönefelder Chaussee
2003
Die heutige Bundesstraße 179 wurde 1849 gegründet.
Die „Wusterhausen-Lübbener Chausseebau-
Aktiengesellschaft befestigte diese Straße als eine
Chaussee.
Der Name der Baugesellschaft sagte bereits aus, dass
hier Berlin mit der Stadt Lübben verbunden wurde. Von
Rudow kommend streift diese Straße Schönefeld und
führt über Waltersdorf Richtung Königs Wusterhausen.
1937 wurde diese Straße zur Reichsstraße erhoben.
Abweichend von der historischen Linienführung endete
die Straße an der Reichsstraße 87 bei der Ortschaft
Dollgen. Uhrsprünglich führte die Straße vom Berliner
Kottbusser Tor durch den Bezirk Neukölln weiter nach
Süden über Schönefeld. Sie hatte eine Gesamtlänge von
53,3 km. 1934 bekam die Straße im Raum
Schönefeld eine besondere Bedeutung.
Mit der Errichtung der Henschel Flugzeugwerke in
Schönefeld wurde von Rudow entlang der B179 die
Straßenbahn verlängert. Von 1940-1950 verkehrte
diese nach Schönefeld. Die B179 war die kürzeste
Verkehrsanbindung auf der Straße von Berlin zum
Schönefelder Werk. Von vielen Mitarbeitern des
Schönefelder Flugzeugwerkes wurde diese Straße
genutzt.
Nach dem 2.Weltkrieg und der deutschen Aufteilung
in 4 Besatzungszonen war Schluss mit der
Straßenbahn. An der Stadtgrenze endete nun ab
1950 für immer die Straßenbahnlinie 147.
Im Laufe der Jahre nach dem Krieg wurde aus der
Linie 147 die Linie 47.
Während Rudow zum amerikanischen Sektor von
Berlin kam, wurde Schönefeld dem sowjetischen
Einflussbereich eingegliedert.
Nach der Einführung der D-Mark im Westteil der
Stadt und der Trennung der BVG in einen West-und einen Ostbetrieb wurde der grenzüberschreitende Verkehr eingestellt. Die B
179 wurde mehr und mehr in beiden Richtungen eingeschränkt. Die Abgrenzung der politischen Machtbereiche durch die alliierten
Siegermächte nahm immer groteskere Formen an.
Straßenbahn nach Schönefeld
Anfang 1950
Endstation Rudower Stadtgrenze, Gleise im Raum Schönefeld
bereits demontiert
1963
1961 kam der Verkehr auf der B179 der Waltersdorfer Chaussee endgültig zum Erliegen. Die Sicherung der Staatsgrenze der DDR
zur BRD und Westberlin wurde durch den Bau von Grenzsicherungsanlagen vollzogen. Das Gebiet von Westberlin wurde durch
den Bau der Berliner „Mauer“ eingegrenzt. Die B179 wurde dadurch zwischen Rudow und Schönefeld geschlossen. Für
Westberliner gab es Transitübergänge Richtung der Bundesrepublik oder zum damaligen Ostteil der Stadt. In Schönefeld Richtung
Berlin-Rudow ging erst einmal gar nichts mehr. Die B179 war durch die Grenzziehung im Raum Schönefeld endgültig
unterbrochen.
Mit zunehmenden Flugbetrieb vom Flughafen Schönefeld auch in westlich orientierte Staaten gab es auch mehr und mehr
Westberliner Fluggäste, welche von Schönefeld kostengünstig fliegen wollten. Um diesen Reisenden eine umständliche Anfahrt
nach Schönefeld zu erleichtern, wurde 1963 ein Grenzübergang an der B 179 in Schönefeld errichtet. Für Transitreisende wurde
nahe des Schönefelder Flughafen die Waltersdorfer Chaussee vorerst geöffnet. Der neue Grenzübergang erlaubte es nun, von
Westberlin wesentlich schneller den Schönefelder Flughafen zu erreichen.
Von 1963-1990 gab es eine Busverbindung von Berlin-Charlottenburg nach Schönefeld. Diese Verbindung wurde 1966 zum
zentralen Busbahnhof am Berliner Funkturm verlegt. Busse der Ostberliner Berliner Verkehrsbetriebe verkehrten regelmäßig in
beiden Richtungen über den Grenzübergang an der Waltersdorfer Chaussee. Der Busverkehr war aber nur Transitreisenden
vorbehalten.
Während es viele Jahre nur ein Übergang für Reisende zum
Flughafen Schönefeld im Transit war, änderte dies sich
nach dem Passierscheinabkommen 1972 zwischen der
BRD und der DDR. Nun konnten auch alle Westberliner
und Bundesbürger diesen Übergang nach Ostberlin bzw.
zur Einreise in die DDR nutzen. Es wurde wieder lebhafter
auf der B179 im Raum Schönefeld. Für Schönefelder
brachte das Ganze aber nicht viel, denn der Übergang war
für sie nach wie vor tabu.
Nach der deutschen Wiedervereinigung und
der Grenzöffnung 1989/1990 wurde die
Grenzkontrollstelle abgerissen. Eine reguläre
Busverbindung zwischen dem Flughafen Tegel
zum Flughafen Schönefeld wurde eingerichtet.
Nachdem sich auch die öffentlichen
Verkehrsverbindungen in und um Berlin wieder
angeglichen hatten, wurde die Linie im Mai
1991 eingestellt. Ab Rudow der Endstelle der
U-Bahn fahren seit jener Zeit wieder
Linienbusse regelmäßig in kurzen
Zeitabständen nach Schönefeld. Mit der
Grenzöffnung verschwand auch die
Grenzübergangsstelle endgültig.
Die B179 ist wieder in beiden Richtungen gut
ausgelastet zwischen Schönefeld und Berlin.
Grenzübergangsstelle Waltersdorfer Chaussee
1975
1985
1986
B179 nach dem Rückbau
Von der Grenzübergangsstelle ist nichts mehr zu sehen.
Rechts befindet sich die Baustelle der HEM Tankstelle.
2009
ehemaliger Grenzübergang
1990
Im Oktober 1965 wird auf dem Schönefelder
Flughafen die 2.Start- und Landebahn
eingeweiht.
Sie beginnt im Gebiet Berlin-Bohnsdorf
östlich des Flughafen Schönefeld. Zu diesem
Bau musste die B179 unterbrochen werden,
da die neue Landebahn zwischen
Schönefeld und Kienberg die Straße kreuzte.
Damit war diese Bundesstraße für immer im
Ort Schönefeld unterbrochen.
Die 179 endete in Schönefeld und die
Waltersdorfer Straße wurde ab Berlin
Bohnsdorf zur neuen B 179 benannt.
Die 96a verbindet nun zwischen Schönefeld
und Bohnsdorf die Weiterführung der B 179.
Mit dem Autobahnanschluss der Berliner
Stadtautobahn an das Schönefelder Kreuz im Jahr
2003 wurden auch die letzten Teilstücke der alten
B179 im Raum Schönefeld abgerissen. Im Zuge
des Autobahnbaues wurden auch Siedlungshäuser
an der alten Waltersdorfer Chaussee abgerissen
und die Bewohner siedelten um. Damit hatte die
von Berlin als durchgehende Fernverkehrsstraße
179 endgültig ihre Bedeutung verloren. Von Rudow
Reisende können heute an der Anschlussstelle der
Autobahn in Schönefeld diese in Richtung
Waltersdorf und Königs Wusterhausen bequem
benutzen. Zwischen der Autobahnanschlussstelle
Waltersdorf wurde die B179 zur Landstraße L 400
zurückgestuft. Erst ab Königs Wusterhausen führt
heute die 179 wieder weiter über Märkisch-
Buchholz nach Lübben. Sie ist heute wesentlich
kürzer geworden.
Auch viele Ortsdurchfahrten, wie in Königs
Wusterhausen, sind heute durch
Umgehungsstraßen aus dem Stadtbild
verschwunden. So auch die B 179, die heute westlich der Stadt vorbei führt.
Im Laufe der Jahrhunderte hat sich auch die Streckenführung dieser Bundesstraße grundlegend verändert.
Sehr viel auch im Raum unserer Gemeinde Schönefeld.
Hans Schäfer Ortschronist Schönefeld
Siedlungshäuser Schönefeld Waltersdorfer Chaussee
2007 wegen des Autobahnbaus B113 abgerissen
um 1930
Eröffnung der A113
Wo heute die rechte Fahrbahn in Richtung Berlin verläuft, standen
einst die obigen Siedlungshäuser
Mai 2008
Die B179
© Hans-Friedger Lachmann 2020
Die Bundesstraße 179 im Raum Schönefeld - eine lange Geschichte